Wie Sie den D-Dimer-Test richtig anwenden (2024)

Bei Verdacht auf ein thromboembolisches Ereignis wie eine tiefe Beinvenenthrombose oder eine Lungenembolie wird häufig die Bestimmung der D-Dimere zu Hilfe genommen. Fällt dieser Test negativ aus, ist ein solches Ereignis mit ziemlicher Sicherheit auszuschließen.

Doch nicht alle auf dem Markt verfügbaren Tests zur Bestimmung der D-Dimere sind überhaupt für eine solche Ausschlussdiagnose von der FDA zugelassen, worauf Prof. Evangelos Giannitsis vom Universitätsklinikum Heidelberg und weitere Mitglieder der sog. „Biomarkers Study Group“ der ESC in einem Review hinweisen. „Daher ist es wichtig zu wissen, ob die FDA den jeweiligen Test für den Ausschluss einer Lungenembolie oder tiefen Beinvenenthrombose geprüft hat, oder ob dieser bloß zur Unterstützung der Diagnostik zugelassen wurde.“ Ist letzteres der Fall, müsse ein zusätzlicher Test – in der Regel ein bildgebendes Verfahren – hinzugezogen werden, um ein solches Ereignis sicher auszuschließen.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die verfügbaren Assays nicht standardisiert sind und sich die jeweiligen Grenzwerte daher unterscheiden können. Der Grenzwert liege somit nicht immer bei dem am häufigsten verwendeten Cut-off von 500 µg/l, verdeutlicht die Arbeitsgruppe. Bei der Auswahl eines geeigneten Tests sollte man ihrer Ansicht nach folgende Faktoren beachten:

  • In der Routine sollten nur Tests angewendet werden, die in klinischen Studien für die entsprechende Fragestellung evaluiert wurden.
  • Generell sollten quantitative Assays gegenüber semiquantitativen oder qualitativen Assays bevorzugt werden, da diese auch bei Patienten mit intermediärer Prätestwahrscheinlichkeit eine zuverlässige Ausschlussdiagnose gewährleisten.
  • Der Messbereich sollte so groß, wie möglich sein: am besten zwischen 50 und 5.000 µg/l.

Konkret empfehlen Giannitsis und Kollegen, bei Patienten mit Verdacht auf eine Lungenembolie und intermediärer Prätestwahrscheinlichkeit hochsensitive Assays einzusetzen; dazu zählen ELISA- („Enzyme-linked Immunosorbent“) oder ELFA („Enzyme-Linked Fluorescent)-Tests oder der sog. „Latex Enhanced Immunoturbidimetric Assay“. Tests mit einer mittleren Sensitivität wie der Whole blood D-Dimer-Assay sollten dagegen nur bei Patienten mit niedriger Prästestwahrscheinlichkeit zum Einsatz kommen.

Geeignete Schnelltests

Falls bei einer Untersuchung im Zentrallabor eine längere Durchlaufzeit als 60 Minuten zu erwarten ist, kann der Einsatz eines D-Dimer-Schnelltests erwogen werden. Hierfür sind auf dem Markt zahlreiche Tests mit ausreichender Messgenauigkeit erhältlich, bei denen das Testergebnis in der Regel binnen 10 bis 15 Minuten bereitsteht. Bei der Auswahl ist neben den Zulassungskriterien der FDA vor allem auf die Nutzerfreundlichkeit zu achten. Generell werde die Lesbarkeit der Testergebnisse von quantitativen Messverfahren als leichter empfunden als die von qualitativen, merken Giannitsis und Kollegen dazu an. Idealerweise sollte der Variationskoeffizient der Testverfahren bei Messungen im Bereich des Schwellenwertes kleiner 10% liegen.

Wird der Test zur Ausschlussdiagnose einer venösen Thrombose eingesetzt, sollte er nach den Kriterien des „Clinical & Laboratory Standards Instituts“ (CLSI H59) neben der FDA-Zulassung folgende Faktoren erfüllen:

  • Negativer prädiktiver Wert von ≥ 98%.
  • Sensitivität ≥ 97%.
  • Ausreichende Sensitivität, um eine Unterscheidung vornehmen zu können.
  • Gute Reproduzierbarkeit der Schwellenwerte für den Ausschluss eines venösen thromboembolischen Ereignisses (VTE)
  • Gut etablierte diagnostische Grenzwerte.

Erst Prätestwahrscheinlichkeit bestimmen

Die Bestimmung der D-Dimere sollte allerdings immer auf Basis der Prätestwahrscheinlichkeit erfolgen. Denn ohne eine solche klinische Vorselektion könne der Test falsch-negative Ergebnisse hervorbringen, erläutern die Autoren. Hierzu eignen sich klinisch validierte Scores wie der Geneva- oder der Wells-Score, mit der sich die Wahrscheinlichkeit für ein VTE in niedrig, mittel und hoch bzw. wahrscheinlich oder unwahrscheinlich einteilen lässt. Im Falle einer hohen Wahrscheinlichkeit sollte sofort – also ohne D-Dimer-Bestimmung – ein bildgebendes Verfahren zum Einsatz kommen, etwa eine CT-Angiografie bei Verdacht auf eine Lungenembolie.

Im Gegensatz dazu ist die Bestimmung der D-Dimere bei einer niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit sinnvoll, da ein negatives Testergebnis zu einer sicheren Ausschlussdiagnose führt. Weniger eindeutig ist die Situation, wenn bei Patienten mit niedriger Prätestwahrscheinlichkeit sehr hohe D-Dimer-Konzentrationen gemessen werden. Es gebe Hinweise, dass dann das Risiko für eine VTE auch bei diesen Patienten – trotz der geringen klinischen Wahrscheinlichkeit – erhöht sei, berichten die Autoren. Ob es aber sinnvoll ist, in diesen Fällen intensive diagnostische Maßnahmen einzuleiten, muss erst in prospektiven Studien untersucht werden. Im Falle einer mittleren Prästestwahrscheinlichkeit sollte – wie bereits erwähnt – ein D-Dimer-Test nur eingesetzt werden, wenn ein hochsensitiver Assay zur Verfügung steht.

Alters-adjustierte Grenzwerte sinnvoll

D-Dimere stellen allerdings keinen spezifischen Gerinnungsmarker dar; das bedeutet, dass deren Konzentrationen auch in anderen Situationen – besonders wenn Entzündungsvorgängen involviert sind – erhöht sein können. Dazu zählen Schwangerschaft, Krebserkrankungen, Infektionen, Zustand nach Operationen oder Traumata (< 4 Wochen) und Leberzirrhosen, weshalb eine D-Dimer-Bestimmung hier nicht empfohlen wird.

Aber auch im Alter steigen die D-Dimere aufgrund von Komorbiditäten und erhöhten Gerinnungsaktivitäten an. Die Autoren sind aber der Ansicht, dass ein D-Dimer-Test auch bei älteren Menschen mit niedriger Prätestwahrscheinlichkeit zur Ausschlussdiagnose einer VTE führen kann, wenn dieser negativ ausfällt. Als Entscheidungsgrundlage raten sie, bei über 50-Jährigen einen Alters-adjustierten Schwellenwert heranzuziehen (Alter in Jahren x 10 µg/l), der die Spezifität des Tests erhöhen kann.

Ein weiteres Einsatzgebiet des D-Dimer-Tests ist die Ausschlussdiagnostik einer Aortendissektion. „Ein D-Dimer-Cut off von < 500 µg/l stellte in einer Metaanalyse ein nützliches Screeningtool dar, um jene Patienten zu identifizieren, die keine Aortendissektion haben“, erläutern Giannitsis und Kollegen. Aktuell noch nicht empfohlen wird der Einsatz des Biomarkers in der Diagnostik eines akuten Koronarsyndroms. Es gebe noch keine ausreichende Evidenz, dass D-Dimere einen unabhängigen Prognosemarker für Patienten mit einem Herzinfarkt darstellen, begründet die Arbeitsgruppe die aktuelle Leitlinienempfehlung.

Literatur

Giannitsis E, Mair J, Christersson C et al. Biomarker Study Group of the European Society of Cardiology (ESC) Acute Cardiovascular Care Association (ACCA). How to use D-Dimer in acute cardiovascular care. Eur Heart J Acute Cardiovasc Care. 2017 Feb;6:69–80. doi: 10.1177/2048872615610870. Epub 2016 Sep 22.

Wie Sie den D-Dimer-Test richtig anwenden (2024)

FAQs

Wie Sie den D-Dimer-Test richtig anwenden? ›

Der D-Dimer Test kann mit Vollblut (aus Venenpunktion oder Fingerbeere) oder Plasma durchgeführt werden. Trennen Sie das Plasma so schnell wie möglich ab, um Hämolyse zu vermeiden. Nur klares, nicht hämolysiertes Probenmaterial verwenden. Der Test sollte unmittelbar nach der Probenentnahme durchgeführt werden.

Wie mache ich einen D-Dimer Test? ›

Geben Sie 1 Tropfen Vollblut oder Plasma mit der mitgelieferten Einwegpipette in die Probenöffnung der Testkassette. oder Lassen Sie 1 hängenden Tropfen Vollblut aus der Fingerbeere in das Probenfeld der Testkassette fallen.

Was verfälscht den D-Dimere wert? ›

Ursache für erhöhte D-Dimere ist meist ein thromboembolisches Ereignis, also ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß verstopft. So ist der D-Dimere-Wert bei fast allen Patienten mit einer tiefen Beinvenenthrombose erhöht und sinkt innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen wieder in den Normalbereich ab.

Wann misst man D-Dimer? ›

D-Dimere werden bei Verdacht auf eine Lungenembolie, eine übermäßige Blutgerinnung (disseminierte intravasale Gerinnung) oder einer Beinvenenthrombose bestimmt. Sie liefern wichtige Hinweise darauf, ob sich im Körper Blutgerinnsel gebildet haben.

Wie sicher ist ein Schnelltest der D-Dimere? ›

Sensitivität ≥ 97%.

Wie viel kostet ein D-Dimer Test? ›

€ 8,99 Inkl. MwSt.

Bei welchen Tumoren ist der D-Dimer erhöht? ›

Nicht nur bei soliden Tumoren etwa der Lunge und des Darms sind erhöhte D-Dimer-Werte mit einer schlechten Prognose assoziiert, sondern auch beim Melanom. Das hat eine aktuelle Studie ergeben.

Wie hoch sind D-Dimere bei Embolie? ›

Bislang gilt: Bei geringer klinischer Wahrscheinlichkeit schließt eine D-Dimer-Konzentration von weniger als 500 ng pro Milliliter eine potenzielle Embolie praktisch aus.

Kann D-Dimere durch Stress erhöht sein? ›

Weitere Tipps: 24 Stunden vor der Blutabnahme sollten Stress oder intensive körperliche Belastung vermieden werden. So werden bestimmte Gerinnungsfaktoren bis zu zehn Stunden nach sportlicher Betätigung falsch zu hoch gemessen, die Thrombozytenaggregation ist bis zu eine Stunde lang verstärkt, die D-Dimere erhöht.

Was senkt D-Dimere? ›

Eine gerinnungshemmende Therapie mit Cumarinderivaten senkt die erhöhten D-Dimer-Antigen-Spiegel bei Patienten mit Vorhofflimmern effektiver als eine Hemmung der Thrombozytenfunktion (24).

Kann der Hausarzt D-Dimere bestimmen? ›

D-Dimer Schnelltest zur Abklärung thromboembolischer Ereignisse. Um Thrombosen und daraus resultierende lebensbedrohliche Embolien zu erkennen, verwenden Allgemeinmediziner D-Dimer-Schnelltests. Diese messen die Fibrinspaltprodukte (D-Dimer) und können mit einer zusätzlichen Risikobeurteilung (z.

Was kann D-Dimere erhöhen? ›

Das D-Dimer kann aber auch bei malignen (bösartigen) Tumor-Erkrankungen, nach Operationen im Zuge der Wundheilung, Leberzirrhose, Leukämien, bei weiteren schweren Erkrankungen oder in der Schwangerschaft erhöht sein. Es ist ein sensitiver, aber relativ unspezifischer Diagnoseparameter.

Welches Röhrchen für D-Dimere? ›

Citratröhrchen ausreichend füllen (möglichst als zweites Röhrchen abnehmen). Angeronnenes Blut führt zu falsch erhöhten Werten.

Können D-Dimere falsch positiv sein? ›

Der D-Dimer-Test besitzt eine hohe Sensitivität (95 %) (wenn eine Thrombose vorliegt, ist der Test zu 95 % positiv) und eine geringe Spezifität (65 %) (z. B. „falsch-positiver“ Test bei Operation, Hämatomen, Tumor, Alter, Schwangerschaft, Entzündungsreaktion).

Welche Blutwerte deuten auf eine Thrombose hin? ›

D-Dimere sind sogenannte Biomarker. Ihre Konzentration im Blut gibt Hinweise auf eine Thrombose. Ein normaler Erwachsener hat in der Regel D-Dimer-Werte von unter 500 Nanogramm pro Milliliter im Blutplasma. Bei einer Thrombose liegen die Werte über diesem Grenzwert.

Welche Blutwerte sind bei einer Lungenembolie erhöht? ›

Häufig stecken Thromben hinter hohen D-Dimer-Werten – zum Beispiel eine Beinvenenthrombose oder eine Lungenembolie. Niedrige D-Dimer-Werte (also Werte im Referenzbereich) gelten heute als wichtigster Ausschluss für eine Venenthrombose oder Lungenembolie.

Kann der Hausarzt einen D-Dimer Test machen? ›

D-Dimer Schnelltest zur Abklärung thromboembolischer Ereignisse. Um Thrombosen und daraus resultierende lebensbedrohliche Embolien zu erkennen, verwenden Allgemeinmediziner D-Dimer-Schnelltests. Diese messen die Fibrinspaltprodukte (D-Dimer) und können mit einer zusätzlichen Risikobeurteilung (z.

Wie kann ich testen ob ich Thrombose habe? ›

Mit dem D-Dimere-Test werden bei Gerinnungsprozessen entstehende Abbauprodukte im Blut bestimmt. Mit einer speziellen Ultraschalluntersuchung (Farbkodierte Duplexsonografie) lassen sich Thromben genau lokalisieren. Heparinspritzen sorgen dafür, dass das Gerinnsel nicht größer wird und sich auflösen kann.

Wer macht Thrombose Schnelltest? ›

Der Test darf nur von einem Arzt oder einer ärztlich autorisierten Person durchgeführt und interpretiert werden. Bei medizinischen Laien kann es zur falschen Anwendung und Beurteilung des Tests kommen.

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